von Thomas Zimmerly, Dachauer Nachrichten:
Die Sexual- und Körperverletzungsdelikte im Landkreis Dachau sind zuletzt markant gestiegen. Damit erhöhte sich auch der Arbeitsaufwand für den WEISSEN RING. Zum heutigen Tag der Kriminalitätsopfer hat der Verein bemerkenswerte Zahlen veröffentlicht.
Dachau – „Viele Menschen glauben, dass wir Straftäter unterstützen!“ Dieser Satz stammt von Wolfgang Bössenroth, seit vielen Jahren Leiter der Dachauer Außenstelle des WEISSEN RINGS in Karlfeld. Sein Verein ist vielmehr Deutschlands größte Hilfsorganisation für Opfer von Kriminalität. Die Arbeit des WEISSEN RINGS ist unverzichtbar. Das ergibt sich einmal aus veröffentlichten Kriminalitätsstatistik für 2018, die einen markanten Anstieg bei Sexual- und Körperverletzungsdelikten ausweist. Vor allem aber aus den aktuellen Zahlen, die der WEISSE RING zum heutigen Tag der Kriminalitätsopfer veröffentlicht hat.
So ist der der Anteil der Vergewaltigungen und sexuellen Nötigung sowie Übergriffe im Landkreis Dachau deutlich gestiegen. „Wir stellen aber auch fest, dass durch die häufige Aufklärung in der Presse die Bereitschaft gestiegen ist, diese Taten zur Anzeige zu bringen“, so Bössenroth. „Noch vor Jahren wurde von den Betroffenen vieles unter der Decke gehalten. Durch Kampagnen wie MeToo sind die Betroffenen mutiger geworden, diese Taten zur Anzeige zu bringen.“ Trotzdem sei die Dunkelziffer auch hier noch sehr hoch. Auch der Anteil häuslicher Gewalt ist im Landkreis laut WEISSEM RING ständig gestiegen. Von den rund 60 Fällen im vergangenen Jahr, berichtet der Außenstellenleiter, seien allein 20 Prozent Fälle von häuslicher Gewalt. 30 Prozent der Fälle seien auf sexuelle Übergriffe zurückzuführen.
Der WEISSE RING steht den Betroffenen mit Rat und Tat zur Seite – und mit Geld. So berichtet Bössenroth von einer Frau, der der Verein mit einem „namhaften vierstelligen Betrag“ geholfen hat. Bössenroth: „Sie war von ihrem Ehepartner über Jahre misshandelt, beschimpft und in übelster Weise erniedrigt worden. Dies führte zu Depressionen und körperlichem Zusammenbruch. Im vergangenen Jahr hielt sie es nicht mehr aus und floh nach einer körperlichen Attacke ins Frauenhaus Dachau.“ Die Frau hatte Glück: Im Frauenhaus der Arbeiterwohlfahrt Dachau war gerade ein Platz frei.
Da die Frau nichts mitnehmen konnte auf ihrer Flucht, half der WEISSE RING mit einer finanziellen Soforthilfe, damit sie sich das Nötigste besorgen konnte; sie hatte noch nicht einmal eine Zahnbürste dabei. Mittlerweile lebt die Frau in einer kleinen Sozialwohnung. „Da sie inzwischen durch die Misshandlungen Frührentnerin geworden war, erhielt sie von der Arbeitsverwaltung keine Unterstützung mehr“, so Bössenroth. Der WEISSE RING zahlte die Kaution für die Wohnung und stellte Mittel für die Einrichtung zur Verfügung.
Den heutigen Tag der Kriminalitätsopfer begeht der WEISSE RING unter dem Motto „Ohne Furcht im Alter“. Die bundesweite Aktion stellt die Sicherheit der älteren Generation im Mittelpunkt. Denn gerade im Bereich der Vermögensdelikte seien Senioren besonders gefährdet, so der WEISSE RING – Stichwörter: Trickbetrug, Telefonbetrug, Cyberkriminalität (Internet). „Dabei wählen die Kriminellen gezielt ältere Menschen als potenzielle Opfer aus, weil sie dort aus ihrer Perspektive besonders günstige Tatbedingungen vermuten“, meint Wolfgang Bössenroth.
„Gegen diese unsäglichen Maschen hilft nur ein hohes Maß an Aufklärung und effektiver Präventionsarbeit“, so Bössenroth weiter. Dazu hat der WEISSE RING eine Broschüre herausgegeben, die eine Vielzahl an Präventionstipps vermittelt. Darüber hinaus werden zwölf ehrenamtliche, professionell ausgebildete Opferhelfer vor dem Kaufland in Dachau-Ost einen Stand errichten und dort über Möglichkeiten der Prävention informieren.
Fotos: WEISSER RING